Zwei Probentage, ein Probenwochenende und zwei Konzertwochenenden im direkten Anschluss – welch ein Pensum für knapp 130 Beteiligte. Im Zeichen der Krone formierte Jens Weismantel aus seinen Orchestern aus Oberndorf und Meerholz-Hailer einen majestätischen Klangkörper, der nicht nur optisch ein Hingucker war. Die Resonanz des ersten Konzertes in Meerholz war schon äußerst positiv. Nun wurde am vergangenen Samstag „Kir Royal – königlische Bläsermusik“ auch in der ehrwürdigen Konzerthalle Bad Orb präsentiert. Hier wurden zwar noch keine Könige gekrönt, doch das Ambiente, die große Bühne und vor allem die knapp 900 belegten Plätze bildeten eine eindrucksvolle Kulisse, die das Projektorchester nutzte, um – wie sinngemäß in den Presseberichten zu lesen – erhaben, füllend, aber nicht krachmachend zu musizieren.
Doch nun zu den Presseberichten von „Kir Royal“ in Bad Orb:
Royale Klänge in Bad Orbs Konzerthalle (GT vom 27. März 2017)
Ein wahrhaft eindrucksvoller Klangkörper sorgt für einen musikalischen Leckerbissen.
BAD ORB – Royaler als bei der Uraufführung von Georg Friedrich Händels „Music for the Royal Fireworks“, der Feuerwerksmusik, ging es in der Musikgeschichte wohl nie zu. 24 Oboen, zwölf Fagotte, neun Hörner, neun Trompeten und drei Paar Kesselpauken musizierten am 21. April 1749 vor König George I. 57 Musiker – nach Angaben anderer Chronisten sogar 112. Trotzdem: Nimmt man mit Händels opus festissimum die majestätische Besetzung als Messlatte, dann hat das Monumentalprojekt „Kir Royal“ am Samstagabend die Musikausübung des britischen Königshauses mit über einem Dutzend Abstand locker abgehängt. 127 Musikerinnen und Musiker füllten die Bühne der Bad Orber Konzerthalle bis in den letzten Winkel. Der Musikverein Oberndorf und das Jugendorchester Meerholz-Hailer wurden erstmals nicht nur jeweils separat von ihrem Dirigenten Jens Weismantel geleitet, diesmal gingen die beiden ambitionierten Orchester gemeinsam aufs Ganze, glamourös inszeniert unter einer imposanten goldenen Krone.
Mit dem Krönungsmarsch aus Giacomo Meyerbeers Wiedertäufer-Oper „Der Prophet“ nahm das Großorchester den Raum gleich von mehreren Seiten aus akustisch in Besitz. Das famose Arrangement von Jochen Wehner transkribiert geglückt die der großen französischen Oper der Zeit typische Mischung aus Pomp und überzuckerter Eleganz. Hauptorchester auf der Bühne und Fernorchester neben dem linken Saaleingang inszenierten dreidimensional mit breitem, voluminösem, aber niemals aufdringlich effekthaftem Klang das pompöse Eingangswerk. Nahezu zeitgleich wie der „Prophet“ entstand Richard Wagners „Lohengrin“, in dessen umfangreicher Mixtur aus Mystik und höfischem Glanz gleichfalls ein Gang zur Kathedrale geschildert wird, hier derjenige der künftigen Schwanenritters-Gattin Elsa zum Münster. Solooboistin Jutta Lux spielt ihr Solo geschmackvoll und farbig aus, dicht wie fein abgestuft begleitet vom dunkel intonierenden Gesamtapparat. Aus dieser schwelgerischen Atmosphäre entwickelte Weismantel wirkungsvoll den Übergang zur prunkvollen Fanfarenmusik der königlichen Hochzeit, in der mit zwei Trompetenchören links und rechts des Orchesters und dem stehend spielenden Trompetensatz im Orchester zielsicher alles aufgeboten wurde, womit sich ein Raum festlich füllen lässt.
Das sinfonische Hauptwerk des Abends waren beide Teile des Poems „Der Traum des Oenghus“ von Rolf Rudin. Das erfolgreichste Werk des im Main-Kinzig-Kreis lebenden Komponisten, das auf mehreren Kontinenten zum Standardrepertoire hochkarätiger Orchester zählt und bereits in der New Yorker Carnegie Hall erklang, erhielt eine ungemein engagierte Wiedergabe. Die Partitur verträgt auch die deutlich größer als üblich angelegte Besetzung, da es Weismantel gelingt, sein Ensemble wohl satt und voluminös, aber dabei immer transparent zu führen. Differenziert geschichtete Klangebenen, rhythmische Sorgfalt und Freude an den Farben der facettenreichen Partitur waren die richtige Grundlage, aus dem knapp über 20-minütigen Werk ein opulentes Klangerlebnis werden zu lassen.
Den zweiten Teil leitete „Bonaparte“ aus der Feder von Otto M. Schwarz ein. Der gewiefte Filmkomponist lässt in seiner Originalkomposition für Blasorchester griffige und atmosphärisch wirksame Tableaus entstehen, die zwar von der dramaturgischen Qualität der übrigen, größer dimensionierten Werke im Programm weit entfernt sind, aber mit zielsicher gesetzten Einfällen wie im gegebenen Fall über 200 stampfend marschierenden Füßen auf dem Dielenboden der Konzerthallenbühne seine Wirkung nicht verfehlten.
Eine echte Musical-Kaiserin brachte man mit „Ich gehör nur mir“ aus dem Sisi-Musical „Elisabeth“ auf die Bühne. Diana Christ, am Frankfurter Konservatorium studierte Sängerin aus Jossgrund, gab dem Stück im schönen, dunklen Timbre ihrer Stimme warmen Glanz und emphatischen Ausdruck, von Weismantel sorgsam und gleichermaßen farbig wie dynamisch ausgewogen begleitet.
Albrecht Eitz, der mit stimmungsvoll vorgetragenen, oft zeitgenössischen Texten auf die Protagonisten der Werke einstimmte, brachte zum Schluss sein Meisterstück: Shakespeares Monolog Heinrichs V. vor der Schlacht bei Agincourt in der meisterlichen Übersetzung von Erich Fried verlieh der Moderator Dramatik, Zwischentöne und enorme Spannung. Exakt die richtige Grundlage für Patrik Doyles Musik zu Kenneth Branaghs „Henry V.“-Film. Diese würdige Shakespeare-Musik in der intelligenten, detailstarken und gleichwohl klassisch ausgewogen aufgebauten Blasorchesteradaption von Großmeister Johan de Meij war der angemessene Stoff für ein großes, spannendes Finale.
Leonard Cohens „Halleluja“, mit Diana Christ und Jens Weismantel als Solisten, und der Schluss des „Lohengrin“-Arrangements waren heftig erklatschte Zugaben. Aus den Begrüßungen und Verabschiedungen von Pia Kleespies und Matthias Bien vom Musikverein Oberndorf sowie Ellen Dörr und Daniel Egold vom Jugendorchester Meerholz-Hailer war deutlich zu spüren, was Orchester und Publikum an diesem Abend verband: das Gefühl, etwas Besonderes erlebt zu haben.
nach oben
Königlicher Konzertabend (GNZ vom 27. März 2017)
Musikverein Oberndorf und Jugendorchester Meerholz-Hailer bilden in Bad Orb einen majestätischen Klangkörper
Bad Orb (nu). Zu einem wahrhaft königlichen Konzertabend fanden sich am Samstagabend rund 900 Zuhörer in der Konzerthalle Bad Orb ein. Unter dem Zeichen einer goldenen Krone ähnelte die Bühne einem Thronsaal, in dem ein immens großes sinfonisches Blasorchester „Kir Royal – Königliche Bläsermusik“ präsentierte. Geboren aus der Idee von Kulturpreisträger und Dirigent Jens Weismantel, zwei befreundete Musikvereine für ihre Frühjahrskonzerte zusammenzuführen, entstand ein grandios Orchester und ein Galakonzert von majestätischem Klang. Nach rund zwei Stunden entlud das Publikum seine Faszination und Begeisterung in Form von endlos langen, stehenden Ovationen und tosendem Applaus.
Jens Weismantel hatte 127 Musiker – zwei fehlten wegen Krankheit – vom Jugendorchester Meerholz-Hailer und vom Musikverein Oberndorf in einem gigantischen Orchester von Musikern zusammengefügt. Dabei entstand ein Klangkörper von ungeahnter Resonanz, der beim Erklingen aller Register den Saal zum Beben brachte, aber ebenso mit den leisen Tönen einzelner Instrumente die atemlosen Zuhörer verzauberte. Hauptwerk des Konzertes war „Der Traum des Oenghus“ des Frankfurter Komponisten Rolf Rudin, umrahmt von weiteren Werken, von denen jedes für sich jedoch eine „Reverenz“ gegenüber königlichen Hoheiten darstellte, wie Henry V. und Napoleon Bonaparte, den Königskindern aus Lohengrin und Oenghus, aber auch einer Königin. „Die beiden Vereine verbindet ihr Gründungsjahr 1964 und der gleiche Dirigent, Jens Weismantel“, erläuterten Matthias Bien vom Musikverein Oberndorf und Ellen Dörr vom Jugendorchester Meerholz-Hailer in ihrer Begrüßung einen Grund für die Zusammenführung der Orchester. Nach dem ersten gemeinsamen Konzert am vorvergangenen Samstag in Meerholz (die GNZ berichtete), trafen sich die Musiker nun in Bad Orb, um gemeinsam zu musizieren. Dafür hatten sie auch ihre individuelle Orchesterbekleidung abgelegt und sie gegen einheitliches Schwarz ausgetauscht. Passend zum Anlass waren alle in königlichen Roben gekleidet, die Herren mit goldener Fliege und manche Damen mit goldenen Schuhen. Dann wünschten Bien und Dörr einen „königlichen Hörgenuss bei der musikalischen Huldigung an gekrönte Häupter“.
Der wurde eröffnet mit dem „Krönungsmarsch“ aus der Oper „Der Prophet“ von Giacomo Meyerbeer (1791 – 1864) – für zwei in getrennten Räumen musizierenden Orchestern -, dirigiert von Philip Bräutigam, neben Weismantel ebenfalls fester Dirigent der beiden Orchester. Bemerkenswert dabei war der getrennte Raum, der sich vor der geöffneten Saaltür befand, wo 40 Musiker ihren Part spielten. Moderator Albrecht Eitz informierte eloquent über das nächste Stück, „Elsas Zug zum Münster“, aus der Oper „Lohengrin“ von Richard Wagner. Es gehe dabei um das grandiose Finale in der Oper. Alle Musiker standen dafür auf der Bühne, manche sogar auf der Treppe. Ein imposanter Anblick und ein beeindruckender Klangkörper. „Rolf Rudin hat sich von einer alten irischen Erzählung inspirieren lassen“, fasste Eitz den Inhalt vom Traum des Oenghus kurz zusammen: Der Sage nach erscheint dem Königssohn nachts im Schlaf ein flötenspielendes Mädchen, in das er sich verliebt, das aber immer wieder verschwindet, für ihn unerreichbar bleibt, so dass er lange nach ihm suchen lässt, bis er schließlich zu ihm findet. Das Stück sei zwar keine musikalische Nacherzählung der Sage, doch die Musik setze die Traumvision in Klanglichkeit um. Das Stück „Bonaparte“ des zeitgenössischen Komponisten Otto M. Schwarz gewährte Einblicke in das Leben von Napoleon. „In seiner gewaltigen Kreation hat er die chronologische Reihenfolge eingehalten“, erinnerte der Moderator an Schlachten und Trommelwirbel, zärtliche Schwärmereien um seine geliebte Josephine, Soldaten in Schlachten, die Abdankung, die 100 Tage nach Elba und die Niederlage bei der Schlacht von Waterloo, bis er nach St. Helena verbannt wurde. Tosenden Beifall entfachte die Solistin Diana Christ mit ihrem berauschenden Beitrag und dem Lied „Ich gehör’ nur mir“ aus dem Musical „Elisabeth“ von Michael Kunze und Sylvester Levay, das die Lebensgeschichte der österreichischen Kaiserin Elisabeth als Totentanz erzählt und damit auch eine Königin im Konzert repräsentierte. Zum Abschluss folgte noch „Henry V.“ von Patrick Doyle, eine Suite aus der gleichnamigen Shakespeare-Verfilmung von Kenneth Branagh. Stehende Ovationen forderten eine Zugabe, und auch die war königlich: Jens Weismantel und Diana Christ sangen gemeinsam das „Hallelujah“ von Leonhard Cohen, das Gänsehautgefühle weckte. Das Wagnis war gelungen, Weismantel hatte emotionale Stücke in der Königstonart „C-Dur“ ausgewählt, und mit dem Schlussakkord aus „Elsas Zug zum Münster“ wurden die Zuhörer dann ganz königlich nach Hause „geblasen“.
nach oben