Interwiew mit der GNZ
Joachim Villwock über sein Leben als Profimusiker, Gitarrenheld Ritchie Blackmore und die Kooperation von Purple Rising mit dem Jugendorchester Meerholz-Hailer
Joachim Villwock lebt in Gelnhausen, ist in Somborn aufgewachsen und spielt in der gefragtesten Deep-Purple-Tribute-Band Deutschlands. GNZ-Redakteur Matthias Abel hat mit ihm über sein Vorbild Ritchie Blackmore, seine Liebe zur Gitarre und die Kooperation von Purple Rising mit dem Jugendorchester Meerholz-Hailer beim „Concerto For Group And Orchestra“ von John Lord gesprochen.
GNZ: Herr Villwock, mit der Aufführung des „Concerto For Group And Orchestra“ von Deep-Purple-Keyboarder John Lord am 19. März sorgt das Jugendorchester Meerholz-Hailer für eines der außergewöhnlichsten kulturellen Ereignisse des Jahres im Main-Kinzig-Kreis. Dabei treffen die Blasmusiker auf Purple Rising. Wie ist diese Kooperation zustande gekommen?
Joachim Villwock: Ich kenne Jens Weismantel, den Dirigenten des Orchesters. Und er wusste, dass wir das Concerto 2022 gemeinsam mit dem Orchester der Musikhochschule Frankfurt in der Aschaffenburger Stadthalle auf die Bühne gebracht haben. Deshalb hat er mich gefragt, ob ich ihm Musiker empfehlen könnte, die so ein anspruchsvolles Programm spielen können. Ich habe unserem Bandleader Andreas König von dem Projekt erzählt, und der fand es von Anfang an spannend. Irgendwie sind beide dann zusammengekommen und haben sich geeinigt.
Was zeichnet das Concerto aus?
Es stammt aus einer Zeit, als John Lord der führende musikalische Kopf der ersten Besetzung war, obwohl Ian Gillan und Roger Glover bei der Uraufführung bereits dabei waren. Die Uraufführung 1969 mit dem Royal Symphony Orchestra unter der Leitung von Malcom Arnold war bahnbrechend, auch wenn das Stück durchaus sehr kritisch diskutiert wurde. Es war ein absolutes Pionierwerk, bei dem sinfonische Orchestermusik und Rockband verschmelzen, und es bringt das Beste aus beiden Welten zusammen. Es ist wirklich fundiert, gehaltvoll, rhythmisch spannend, total dynamisch und hat verschiedene Taktarten. Dass es eine Adaption für Blasorchester und Band gibt, habe ich übrigens erst durch Jens Weismantel erfahren.
Sie sind seit 2019 Gitarrist bei Purple Rising. Was macht die Band aus Ihrer Sicht aus?
Auf jeden Fall der authentische Sound. Aber das ist nicht alles. Es geht auch um das echte Konzerterlebnis. Bandleader Andreas König hat viel in die Ausrüstung investiert, in das Bühnenbild. Wir fahren das volle Gewitter auf, zwei Marshall-Stacks, große Gitarrenboxen, eine richtige Hammondorgel oder ein großes Drumset. Das ist schon imposant und sorgt eben auch für den richtigen Klang. Beides führt dazu, dass die Leute uns zu den führenden Deep-Purple-Coverbands zählen, was mich wirklich freut.
Sie haben einmal gesagt, mit dem Eintritt bei Purple Rising haben sie sich einen Lebenstraum erfüllt. Im Main-Kinzig-Kreis stand Ihr Name bislang aber eher für Rock’n’Roll.
Ja, aber eigentlich komme ich vom Hardrock her. Später habe ich angefangen, Jazz und Popularmusik zu studieren, das aber nicht beendet. Mein erster musikalischer Held war Elvis, und mit seinen Songs in der Tribute-Band King Creole war ich sehr erfolgreich. Später sind aus dem großen Ensemble die Hound Dogs hervorgegangen, mit denen ich 70 bis 80 Konzerte pro Jahr gespielt habe, die meisten in der Region. Und in dieser Besetzung hat mich dann Harald Krüger gesehen.
Einer der angesagtesten Boogie-Pianisten Deutschlands, der Sie für seine Band „Krüger Rockt!“ engagiert hat.
Das ist bis heute mein Haupt-Broterwerb. Aber bis zum Einstieg bei Purple Rising habe ich immer auch ganz andere Dinge gemacht, etwa in einer Crunge-Band (Back To Teen Spirit) oder in meiner eigenen Band Fluxmeister gespielt. Zudem gehörte ich zum Dirty Boogie Orchestra, eine Bigband im Rockabilly-Stil. Viel konzertiert habe ich auch mit dem Rory-Gallagher-Bluesrock-Trio Shadow Play.
Sie mögen es gerne abwechslungsreich.
Ja. Aber als ich bei Purple Rising eingestiegen bin, war klar, dass ich alle anderen Projekte einstellen musste, wenn ich parallel dazu bei Harald Krüger bleiben möchte. Mit „Krüger Rockt!“ spielen wir rund 80 Konzerte pro Jahr, fahren quer durch Deutschland, oft auch in die Schweiz oder nach Österreich. Und die Reichweite von Purple Rising wächst immer mehr.
Viel Freizeit bleibt da nicht.
Nein. Aber die gab es auch vorher kaum. Seit gut 15 Jahren spiele ich immer 100 bis 120 Konzerte pro Jahr.
Sie leben also im Bus?
Naja, einen Tour-Tross mit Night-Linern besitzen beide Bands nicht. Wir fahren quer durch die Republik, übernachten aber meist im Hotel. Wir gehen nicht für mehrere Monate auf Tournee und ruhen uns dann wieder aus. Wir spielen einzelne Gigs, das ganze Jahr über.
Was ja noch viel anstrengender ist und viel mehr Fahrtzeiten bedeutet.
Dafür muss man schon gemacht sein, und man muss sich ganz bewusst dafür entscheiden, ein solches Leben zu führen. Jeder Auftritt ist eine neue Prüfung, der man sich stellen muss. Es gilt immer wieder neu, auf den Punkt abzuliefern, egal unter welchen Bedingungen. Man muss es auch abkönnen, jede Nacht in einem anderen Bett zu schlafen.
Und man muss stabil sein.
Früher haben wir tatsächlich viel gefeiert. Aber natürlich müssen wir mit unseren Kräften haushalten. Wir machen schon längst nicht mehr aus jedem Konzert einen Exzess. Immerhin bin ich schon 50.
Was man Ihnen aber nicht ansieht.
(lacht). Rock‘n‘Roll konserviert eben.
Wollten Sie von Anfang an Profimusiker werden?
Eigentlich nicht. Ich wollte immer die Sachen machen können, die mir am Herzen lagen, und eine Karriere als Profi hat ja oft auch etwas mit Dienstleistung zu tun. Dass ich nun aber mit Krüger Rockt! und Purple Rising die Musik machen darf, die ich liebe, und das mit Leuten, die ich schätze, und davon auch noch leben kann, empfinde ich als großes Privileg.
Wie kam es eigentlich zu Ihrem Einstieg bei Purple Rising?
2019 ist der frühere Gitarrist gegangen, nachdem die Band immer mehr Auftritte spielte und die Reichweite gewachsen ist. Über verschiedene Kontakte zu Musikern meiner anderen Projekte hat mich Andreas König zum Vorspielen eingeladen. Ich hatte eine Woche Zeit, mich auf Songs wie „Child In Time“, „Burn“ oder „Perfect Strangers“ vorzubereiten, echte Bretter. Der Band hat es sehr gut gefallen. Eigentlich sollten noch andere Gitarristen vorspielen, aber zwei Tage später rief mich Andreas an und fragte: „Bist du dabei?“
Zu dieser Zeit gab es noch weitere Umbrüche in der Band.
Ja. Neben mir kam noch Volker Stenger als Drummer dazu. Und Michael Baum ist als Sänger wieder zurückgekehrt.
Der erste Auftritt muss aufregend gewesen sein.
Das kann man so sagen. Wir haben im Treffpunkt in Neu-Isenburg gespielt. Der Gig war zugleich mein Debüt und die Verabschiedung des früheren Schlagzeugers. Ich habe geübt wie ein Weltmeister. Vor der Pandemie haben wir vier Konzerte gespielt, dann wurden wir ausgebremst. Mittlerweile hat Purple Rising aber wieder mächtig Fahrt aufgenommen.
In der Band sind Sie vor allem für die Parts von Ritchie Blackmore verantwortlich, den Sie als Ihren musikalischen Helden bezeichnen.
Er hat mich zur Gitarre gebracht.
Wann war das?
Als ich in die Grundschule ging. Ich bin in Freigericht aufgewachsen, mein Vater war Solist im Männerchor Somborn. Seine Begeisterung für Musik hat auf mich abgefärbt, und durch ihn bin ich auf Elvis gekommen, der für mich noch heute ein ganz Großer ist. Mein zehn Jahre älterer Cousin hat mich damit immer aufgezogen und gemeint: „Hör mal das geile Zeug.“ So habe ich Bands wie Jethro Tull, Santana, Led Zeppelin und Black Sabbath kennengelernt. Deep Purple waren von Anfang an die Größten für mich, wegen Ritchie Blackmore. Durch ihn wollte ich Gitarrist werden. Mein Vater sagte: „Du kriegst erst eine Gitarre, wenn du ein halbes Jahr mit einem Leihinstrument Unterricht genommen hast.“ Denn bis dahin hatte ich geturnt, Fußball gespielt und Klavier gelernt und alles wieder abgebrochen. Doch an der Gitarre bin ich drangeblieben. Mit elf Jahren habe ich dann meine erste eigene bekommen.
Was zeichnet Blackmore für Sie aus?
Natürlich gibt es heute Musiker, die schneller spielen können. Aber für mich ist er im Hinblick auf seine Musikalität und die Autorität seines Tons bis heute unerreicht. Da hat jede Note ihre eigene Postleitzahl.
Also waren Sie prädestiniert für Ihren Teil bei Purple Rising?
Schwer zu sagen. Blackmore war immer mein Held, aber ich hatte nie seinen Stil oder seine Soli einstudiert. Er steht für mich noch immer ein Stück weit über den Dingen. Es war schon eine Herausforderung, seinen Part in der Tribute-Band zu übernehmen, denn ich wollte ihn nicht einfach kopieren.
Was dann?
Wichtig ist für mich, den improvisatorischen Aspekt, für den Blackmore, für den Deep Purple generell steht, umzusetzen. Alles Note für Note nachzuspielen würde aus meiner Sicht dem Geist dieser Band nicht gerecht.
Das ist aber ein ziemlicher Spagat zwischen der Erwartungshaltung der Fans, die ja die Stücke von den Aufnahmen kennen, und einem eigenen musikalischen Ansatz.
Ja. Aber in diesem Spannungsfeld haben sich Deep Purple selbst bewegt. Sie selbst haben ja bei den Konzerten improvisiert, zum Teil sogar im Studio. Wir müssen nun sorgfältig abwägen, in wie fern gewisse Melodien und Riffs zu einem Stück einfach dazugehören und wann wir uns ein Stück weit von diesen Vorstellungen lösen können. Wir versuchen, den Geist der Band aufzugreifen, wo es angebracht ist, und einen Song nicht einfach eins zu eins nachzuspielen. Das aber muss im Sinne von Deep Purple geschehen. Wenn uns das gelingt, haben wir einen großen Freiraum. Das gilt für meinen Teil besonders, ich kann mich wirklich ausleben, was dazu führt, dass ein Konzert auch mal eine halbe Stunde länger wird. Das macht Spaß, auch den Zuhörern. Denn sie sind so Teil von etwas Spontanem und Lebendigem.
Sprechen wir noch einmal über das Concerto. War die Aufführung mit dem sinfonischen Orchester der Musikhochschule Frankfurt im vergangenen Jahr eine neue Erfahrung für Sie?
Absolut. Ich hatte natürlich Erfahrungen mit Big Bands, hatte aber bis dahin noch nie mit einem sinfonischen Orchester samt Dirigenten gearbeitet. Wenn also das Schlagzeug den Takt nicht mehr vorgibt und der Beat aufgebrochen wird, muss man sich an ganz anderen Dingen orientieren. Das war unglaublich spannend.
Musste sich die Band zurücknehmen?
Das Concerto lebt ja von seiner Vielfalt. Es gibt ruhige und sehr feine Passagen, aber auch Stellen, an denen wir richtig rocken können. Natürlich haben wir die Lautstärke etwas reduziert.
Bei Ihrer Kooperation mit dem Jugendorchester können Sie stärker aufdrehen.
Zumindest denke ich das. Die Blasinstrumente haben noch einmal eine ganz andere Grundlautstärke. Das Orchester hat einen bemerkenswerten Klang. Ich freue mich wirklich auf das Projekt, bei dem wir wieder ganz andere Erfahrungen machen können als bei der Arbeit mit dem Sinfonieorchester. Sicher wird es auch hier wieder einen Klangkörper in seiner ganzen Dynamik, von Pianissimo bis Fortissimo, von ganz leise bis zum vollen Gewitter geben. Auf die Zusammenarbeit mit Jens Weismantel bin ich wirklich sehr gespannt.
Und was dürfen wir außer dem Concerto 2023 von Purple Rising erwarten?
Unser Bandleader legt großen Wert auf Abwechslung. Wir spielen also nicht immer das gleiche Programm, sondern arbeiten immer wieder an unterschiedlichen Deep-Purple-Songs. Es bleibt also immer spannend, für uns und das Publikum. Auch bei unserem nächsten Konzert am kommenden Samstag im Colos-Saal in Aschaffenburg gibt es überraschende Leckerbissen. Darauf freuen wir uns sehr.
Tickets
Das gemeinsame Konzert des Jugendorchesters und Purple Rising findet am Sonntag, 19. März, um 18 Uhr in der Kulturhalle Meerholz statt. Der erste Teil besteht aus dem John-Lord-Concerto, im zweiten Teil spielt das Orchester, ebenfalls mit einer Band, Stücke von Prog-Rock-Pioneers Alan Parsons. Tickets gibt es HIER.
Bereits am kommenden Samstag, 11. Februar, ist Purple Rising im Colos-Saal zu hören. Die Türen öffnen sich um 19 Uhr. Gerockt wird ab 20 Uhr. Tickets gibt es auf www.colos-saal.de, www.purple-rising.de und an der Abendkasse.
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